Januar 2025 Kunstwerk im Fokus Heiko Pippig: Winterhuhn Chanticleer und das große Weiß Das Huhn, möchte man meinen, ist im Winter nicht in seinem Element. Die Nahrung muss mühsam unter der Schneedecke hervorgescharrt werden, die Kälte fordert den hochtourigen Stoffwechsel des Vogels heraus, die Nässe dringt durch das Gefieder und fürs Eierlegen ist der Winter traditionell keine Saison. Für das Nutztier Huhn ist in der kalten Jahreszeit Effizienzpause, bis es mit wiederkehrendem Sonnenlicht im Frühjahr seinen Halter wieder mit gehaltvoller Nahrung versorgt, eine früher so bang erwartete Bereicherung des Speisezettels, dass der Verzehr von Eiern in das Brauchtum des Osterfests eingegangen ist. Im Winter ist das Huhn ein freigestelltes Haustier, von dem sein Halter nichts abverlangen kann. So stolziert das Winterhuhn von Heiko Pippig in die weiße Einöde hinaus, ohne den Betrachter noch eines Blickes zu würdigen. Auszug in die Freiheit und in die eisige Leere: wer nicht benötigt wird, ist in die Freiheit hinausgestoßen, die Freiheit zu tun, was ihm beliebt und selbst für sein Überleben verantwortlich zu sein. Mit dem prachtvollen Gefieder in feurig glosendem Rot und Kohleschwarz scheint der Einzelgänger aufs erste gewappnet zu sein gegen den Zugriff der Kälte. Und die im Vordergrund rechts und links senkrecht über das Bild laufenden Farbstreifen suggerieren mit der Leerstelle in der Mitte die aufgebogenen Stäbe eines Käfigs, den der Vogel jetzt verlassen kann Richtung freie Natur, auch wenn ihn diese Natur mit eisigen Händen empfangen wird. Adieu Trott der immer gleichen Produktivität, willkommen das Abenteuer des Über-Lebens - zumindest bis zum österlichen Frühling, wenn das Huhn in seinen nicht so goldenen Käfig zurückkehren wird zum Legen der Eier, sonntags auch mal zwei. | ![]() Heiko Pippig: Winterhuhn, 2010 Acryl auf Leinwand, 165 x 145 cm |
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